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Papierindustrie im Laufental

Im Laufental haben sich während zweier Epochen insgesamt vier Betriebe angesiedelt, die Papier herstellten – einer von ihnen besteht bis heute. Standortbestimmend dürften verschiedene Faktoren gewesen sein: das lokale Vorhandensein von genügend Wasser und Wasserkraft (Lützel, Birs) für den äusserst hohen Bedarf an Energie und Wasser des Herstellungsprozesses, vorhandene Rohstoffe (Gebiete zur Lumpensammlung, Wälder) und die Nähe zur Stadt Basel (aus unterschiedlichen Gründen) sowie die günstige Verkehrslage.

16.-18. Jh.
Erste Stätte der Laufentaler Papierherstellung war eine Papiermühle, die um ca. 1560 mit bischöflicher Genehmigung in Laufen ihren Betrieb aufnahm. Damals schon wurden Wasser und lokale Wasserkräfte genutzt und zur Rohstoffbeschaffung (ausschliesslich Lumpensammlung) stand durch ein Privileg das Gebiet des Fürstbistums zur Verfügung. Aus Basel, das sich seit dem Konzil von (1431-1449) zu einem der wichtigsten Papierherstellungszentren Europas entwickelt hatte, kamen Know-how, Kapital und die Familie Heusler, welche die Mühle während fast 200 Jahren bis zur Schliessung im Jahr 1755 betrieb.

19.-20. Jh.
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. wurde im Laufental kein Papier mehr hergestellt. Die Wasserkraft spielte nach wie vor eine grosse Rolle, als um 1860 die Kaiser Ziegler & Co (heute: Ziegler Papier AG) in Grellingen gegründet wurde; Mitbegründer Niklaus Kaiser verfügte über lokale Wasserkräfte. Die Nähe zu Basel zahlte sich insofern aus, als die dortigen Seidenbandindustrien Grossabnehmer von Papier waren (für die Zwischenlagen in den Bandrollen). Mittlerweile war längst die Papiermaschine erfunden worden (1799 von Nicholas-Louis Robert) und der Zieglersche Familienbetrieb entwickelte sich bald zu einer modernen Fabrik. Anfang des 20. Jh. kamen zwei weitere Papierfabriken im Laufental dazu: die Holzstoff- und Papierfabrik Zwingen (1913) und die Papierfabrik Laufen AG (1928). Die drei Fabriken nutzten alle die Wasserkraft der Birs und bezogen Kohle aus Basel, dem Hauptimportort dieses Rohstoffs in der Schweiz, und sie nutzten die vorhandenen Anschlüsse an das Eisenbahnnetz für ihre Transporte. Als Rohstoff wurden die Lumpen und Hadern allmählich verdrängt: Im Vordergrund stand jetzt die Verwertung von Holzschliff, der in betriebseigenen Holzschleifereien hergestellt wurde. Im späteren 20. Jh. kam Altpapier als Rohstoff hinzu (Papierfabrik Zwingen).
Abnehmer fand die Laufentaler Papierindustrie bis in die 1960er Jahre vor allem auf dem Schweizer Markt. Dann wurde der Papiermarkt mit dem Beitritt zur EFTA geöffnet und die Preise gerieten unter Druck. Dazu kamen einige Vorfälle von Wasserverschmutzung und wachsende Anforderungen an die Infrastruktur bezüglich Umweltschutz. Alle drei Unternehmen gerieten in Schwierigkeiten. Die Papierfabrik Laufen AG musste 1972 ihre Tore schliessen und die Papierfabrik Zwingen wurde 1981 an einen grossen Konzern verkauft, während für die Albert Ziegler AG vergeblich nach einem Käufer gesucht wurde.

21. Jh.
Eine Spezialisierung auf Altpapierverwertung brachte der Papierfabrik Zwingen keinen langfristigen Erfolg. 2004 musste sie ebenfalls geschlossen werden. Dagegen konnte die Ziegler Papier AG in den 1980er Jahren erfolgreich saniert werden. Durch die Konzentration des Sortiments auf hochwertiges Spezialpapier für einen Nischenmarkt kann sie auf dem globalisierten Markt bis heute bestehen.

Bedeutung
Die Konzentration von Papierfabriken an der Birs, die zusammen streckenweise zu den wichtigsten Arbeitgebern im Birstal zählten, prägten die Gesellschaft und die Geschichte der Talschaft neben anderen wichtigen Industrien wie der Steinhauerei oder der Zement- und Keramikherstellung. Sowohl auf der internationalen wie auf der nationalen Ebene war und ist die Bedeutung und Dimension der Laufentaler Papierindustrie jedoch begrenzt, ihr Anteil an Beschäftigten und an der Gesamtproduktion eher klein.
Papierherstellungsbetriebe im Laufental

Papiermühle Laufen (ca. 1560-1755)
Ziegler Papier AG, Grellingen (um 1860 -)
Holzstoff- und Papierfabrik Zwingen AG (1913-2004)
Papierfabrik Laufen AG (1928-1972)

Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 14/05/2012

Bibliografie

René L. Frey (Hg.), Papier und Wir. Ziegler Papier. Spezialisierung und Innovation eines erfolgreichen Schweizer Familienunternehmens, Grellingen 2011
Joseph Gerster-Roth, «Die industrielle Entwicklung im Laufental» (1928), in Lorenzo Gerster (Hg.), Joseph Gerster-Roth 1860-1937. Das Literarische und Historische Gesamtwerk, Pruntrut 1988, Band VII, S. 161-163
Alban Müller, Die Entwicklung der Industrien im unteren Birstal mit besonderer Berücksichtigung des Standortes, Dissertation Universität Basel, Laufen 1940, S. 115-132
Emil Richterich, «Die industrielle Entwicklung und die neue Zeit (1875 bis 1971)», in Albin Fringeli et al. Laufen, Laufen 1986, S. 159-192
Peter F. Tschudin, Schweizer Papiergeschichte, Basel 1991

Zitiervorschlag

Kiki Lutz, «Papierindustrie im Laufental», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/1000354-papierindustrie-im-laufental, Stand: 19/04/2024.

Kategorie

Wirtschaft
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