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Code Napoléon

Zum «Code Napoléon» im Allgemeinen zitieren wir an dieser Stelle den vollständigen Artikel von Alain Zogmal im Historischen Lexikon der Schweiz, Online-Ausgabe (Stand: 24.10.2014).

Zur spezifischen Bedeutung des C. für den Jura, s. S. 2.


C. ist der Name der amtl. Originalausgabe des im Frühling 1804 erschienenen Gesetzbuchs, welches die 36 grundlegenden Gesetze des franz. Zivilrechts umfasst und deshalb auch als "Code civil" bezeichnet wird. Der C., auf den 1806 eine Zivilprozessordnung (Code de procédure civile) und 1807 ein Handelsrechtskodex (Code de commerce) folgten, verband hergebrachtes mit neu geschöpftem Recht: Seine Autoren übernahmen einerseits zahlreiche Lösungen aus der zivilrechtl. Doktrin und der Rechtsprechung des Ancien Régime, insbesondere aus derjenigen der Gebiete mit Gewohnheitsrecht. Anderseits strebten sie auch die Umsetzung der Rechtsmaximen der Revolution an, wollten sich aber von den legislativen Exzessen zwischen 1789 und 1804 abgrenzen.
In Genf und im ehemaligen Bistum Basel, die franz. Departemente geworden waren, galt der C. ab 1804. Da die Helvet. Republik kein eigenes Zivilgesetzbuch schuf, übernahmen mehrere Kantone der lat. Schweiz den C., wobei sie ihn auf ihre Bedürfnisse und ihre jurist. Tradition und Praxis zuschnitten: Die Waadt etappenweise 1811/12 und 1819, der Tessin 1837, Freiburg und das Wallis etappenweise 1834-50 bzw. 1842-53 und Neuenburg 1854. Während des ganzen 19. Jh. erfuhren die zivilrechtl. Bestimmungen des C. mehr oder weniger originelle Änderungen durch bedeutende Spezialgesetze, interkant. Konkordate, Abkommen und die Weiterentwicklung der Bundesrechts. Davon betroffen waren besonders sensible Bereiche wie das Personen- und Familienrecht, das Erbrecht und die Bekanntmachung des Sachenrechts. Der C. war eine der Hauptquellen, auf die sich Eugen Huber bei der Redaktion des schweiz. Zivilgesetzbuchs (1907 bzw. 1912) stützte. Er berücksichtigte aber auch versch. Auslegungen sowie die Kritik am C.
Spezifische Bedeutung für den Jura:''

Im Jura wurde der C. durch die Reunionsakten von 1815, die das Gebiet des ehem. Fürstbistums Basel an den Kanton Bern anschlossen, de jure ausser Kraft gesetzt. Trotzdem galt er teilweise weiterhin. Um 1830 kam die Frage erneut auf, ob das französische Recht abgeschafft oder beibehalten werden sollte. Bei der Verfassunggebenden Versammlung (1831) und später beim Grossen Rat des Kantons Bern (1838-1839) wurden Petitionen eingereicht, die eine vollständige Übernahme der französischen Gesetzgebung verlangten. Schliesslich fand der C., vorbehältlich einer Gesetzesrevision, zum grössten Teil Eingang in die Kantonsverfassung von 1846 – zumindest für jene Kantonsteile, wo er immer noch galt, jedoch ohne das Ehe- und Scheidungsrecht, das bereits während der Restauration abgeschafft worden war. Durch die Entwicklung des Bundeszivilrechts in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s wurden noch weitere Teile des C. ungültig.

Autor*in der ersten Version: Emma Chatelain, 17/03/2016

Übersetzung: Kiki Lutz, 17/03/2016

Bibliografie

François Kohler, « Code Napoléon », in Bernard Prongué (Hg.), Le canton du Jura de A à Z, Pruntrut, 1991, S. 84
Alain Zogmal, "Code Napoléon", in HLS

Zitiervorschlag

Emma Chatelain, «Code Napoléon», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/3759-code-napoleon, Stand: 19/04/2024.

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