F | D

Kessiloch, Grellingen (Wappenfelsanlage)

Das «Kessiloch» liegt bei der Einmündung des Kaltbrunnentals ins Birstal auf der Strecke zwischen Grellingen und Zwingen. Es verdankt seinen Namen wohl der kesselartigen Ausbuchtung der Birs, die sich an dieser Stelle in einem Bogen zwischen drei hohen Gebirgsköpfen durchzwängt. Funde in den umliegenden Höhlen (Heidenküche, Kohlerhöhle, Birsmattenhöhle) belegen eine Besiedlung dieser Talstelle seit der Steinzeit. Heute verdankt das K. seine Bekanntheit jedoch in erster Linie dem dortigen Wappenfelsen aus jüngerer Zeit. Die von Wachsoldaten gestaltete Wappenfelsanlage ist eine in der Schweiz einzigartige militärhistorische Gedenkstätte.

Schon seit 1874/1875 führten im K. zwei Eisenbahnbrücken über die Birs, die von Eiffels Pariser Ingenieurbureau erbaut worden waren. 1926 wurden sie aufgrund der bevorstehenden Elektrifizierung der Strecke durch neue Brücken ersetzt. Während des Ersten Weltkrieges wurden die Brücken von Schweizer Soldaten vermint und während der ganzen Kriegsdauer (mit einem kurzen Unterbruch 1916/17) bewacht. Offenbar wurde befürchtet, die Deutschen könnten diese Bahnlinie ggf. für eine Verbindung über Basel-Delsberg-Bonfol nach Frankreich nutzen wollen. Die erste Wachrunde übernahm das Bataillon 25 mit Landsturmsoldaten aus dem benachbarten Dorneck und Thierstein. Insgesamt haben während der Kriegsjahre rund 60 Einheiten aus der ganzen Schweiz im K. Wache gehalten.
Die Wachsoldaten waren in selbst gebauten Baracken und in einer kleinen Felshöhle untergebracht. Mittels einer kleinen Turbine bezogen sie Strom aus dem Gefälle der Birs. Sie legten beim K. Gartenanlagen an und bemalten nach und nach den Fels mit den Wappen ihrer Heimatkantone und den Wahrzeichen ihrer Kompanien. Dazu kamen figürliche Darstellungen wie ein Wachsoldat oder mythologische Figuren wie Tell und Helvetia. Auch landschaftliche Motive aus anderen Gegenden der Schweiz kamen vor. Sogar Skulpturen wurden geschaffen: Der Bildhauer Joseph Constantin Kaiser aus Delsberg meisselte die Figuren von General Wille, Oberst Sprecher und Oberst De Loys aus dem Fels.

Durch die originell ausgeschmückte Anlage erhielt der Wachposten einige Aufmerksamkeit seitens der Zivilbevölkerung: Die Soldaten bekamen Besuch von Sonntagsspatziergängern/-innen und wurden aus den vorbeifahrenden Zügen mit Zeitungen, Weihnachtsgeschenken und Heizmaterial (von den Lokführern) versorgt. Schon während der Kriegsjahre wurden Postkarten mit dem Motiv des Wappenfelsens gedruckt.
Nach Kriegsende wurden die beweglichen Gedenksteine ins Historische Museum Bern verbracht und die Anlage überwucherte allmählich. 1934 bewirkte die Intervention des Unteroffiziersvereins Laufental die Rückgabe der Skulpturen. Danach wurde die Anlage neu gestaltet und von den Kunstmalern Ernst Gujer aus Basel und Max Berini aus Delsberg (beide ehem. Wachhabende) renoviert. Auch die Feldschützen aus Grellingen engagierten sich für den Erhalt der Anlage, die am 9. September 1934 feierlich eingeweiht wurde. Seither findet alljährlich das «Kessilochschiessen» mit Feldgottesdienst zum Andenken an den Wachdienst statt.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Brücken im K. wiederum bewacht und die Soldaten ergänzten die Anlage durch eigene Malereien. Renovationen wurden in den Jahren 1965/66, 1975 und 1983 durchgeführt. Während der politischen Auseinandersetzungen um den Kantonswechsel des Laufentals kam es zu weiteren Be- bzw. Übermalungen. 1997/98 wurde die Anlage durch den Verkehrs- und Verschönerungsverein Grellingen mit Unterstützung des Militärs und des Malermeisterverbands Basel-Landschaft aufgrund von alten Fotografien aus den Jahren 1914-1918 gesamthaft restauriert. Heute steht die Wappenfelsanlage im K. unter Denkmalschutz.


Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 16/01/2012

Letzte Änderung: 22/08/2013

Bibliografie

Anton Berner, Pierre Gürtler, Rund ums Chessiloch, Grellingen 1998
Andreas Cueni, Giuseppe Gerster, Markus Jermann, René Salathé, «Kultur- und Baudenkmäler im Laufental», in Das schöne Baselbiet, Heft 15, 1994, S. 24
Daniel Hagmann, «Grellingen», in Historisches Lexikon der Schweiz, Online-Ausgabe (Stand: 03.01.2012)
Leo Jermann, «Ums Kessiloch herum», in Laufentaler Jahrbuch, Laufen 1989, S. 91-100
Kantonale Denkmalpflege Basel-Landschaft, Website (Stand 03.01.2012): http://www.baselland.ch/chessiloch-htm.293214.0.html
NIKE Nationale Informationsstelle für Kulturgüter-Erhaltung, Website (Stand 03.01.2012): http://www.nike-kultur.ch/de/hereinspaziertch-denkmaltage/programm-2011/detailansicht.html?tx_frpveranstaltung_id=22517&no_cache=1

Bildnachweis

Wappenfelsanlage Kessiloch (Detail). Foto: Red. DIJU

Zitiervorschlag

Kiki Lutz, «Kessiloch, Grellingen (Wappenfelsanlage)», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/1000205-kessiloch-grellingen-wappenfelsanlage, Stand: 25/04/2024.

Kategorie

Orte
Orte

Wir verwenden Cookies, um Ihre Erfahrung auf unserer Website zu verbessern. Wenn Sie weiter surfen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.