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Schmidlin, Fridolin (1823-1888)

Bürger von Wahlen. Geboren am 25. Februar 1823 in Wahlen. Gestorben am 9. Mai 1888 in Pfeffingen. Sohn des Fridolin und der Anna Maria Schmidlin. Konfession: röm.-kath.
1844-1848 am Kollegium Schwyz, danach Studium der Philosophie am Kollegium St. Michael in Freiburg i.Ü. Anschliessend studierte S. parallel Theologie und Medizin in Tübingen und Freiburg i.Br. (D). Abschluss in Medizin in Bern 1850/1851. Besuch des Priesterseminars und Priesterweihe 1852 in Langres (F).
1853-1855 Vikar in Bern. 1854 Wahl zum Vertreter der Berner Lehrerschaft in der Berner Schulsynode. 1855-1856 Vikar in Schönenbuch (BL). 1857-1888 Pfarrer von Pfeffingen, nachdem er dort schon als Pfarrverweser seinen erkrankten Vorgänger Johann Jakob Weber vertreten hatte. 1859-1874 Feldprediger bei der Baselbieter Infanterie und 1867 Wahl in die katholisch theologische Prüfungskommission durch den Berner Regierungsrat.
Es ist überliefert, dass S. bei Antritt seiner Stelle als Pfarrer von Pfeffingen den dort herrschenden liberalen Geist sehr schätzte und lobte. Doch seine Pfarrkarriere wurde bis zum Schluss durch eine aussergewöhnliche Häufung von Auseinandersetzungen und Gerichtshändeln geprägt. Zunächst fand er eine Dorfpolitik vor, die durch Händel zweier Parteien in verfeindete Lager gespalten war. Trotz aller Bemühungen, nicht zwischen die Fronten zu geraten, hatte er schon bald wegen einer unliebsamen Predigt über das Schulsystem eine erste Klage am Hals. Richtig schwierig wurde seine Lage in der Zeit des Kulturkampfs: Obgleich grundsätzlich liberal gesinnt, widersetzte sich S. den Versuchen des Gemeinde- und Kirchenrats, in Pfeffingen den Christkatholizismus einzuführen. In der Folge kam es zu weiteren gerichtlichen Klagen gegen ihn, vermutlich mit dem Ziel, ihn aus dem Amt zu drängen. Er wurde beschuldigt, seine Seelsorgepflichten vernachlässigt und auf einer Reise den abgesetzten Bischof Lachat besucht zu haben. Nachdem diese Angelegenheit ad acta gelegt war, beschuldigte der Gemeinde- und Kirchenrat ihn, heimlich römisch-katholische Bestattungen und Taufen für Katholiken aus dem nahen Laufental durchgeführt zu haben, die sich so dem Gottesdienst des Staatspfarrers entziehen wollten. Ebenso soll S. Kultgegenstände an den Pfarrer von Duggingen ausgeliehen haben. Daraus wurde eine langwierige Untersuchung mit mehreren Verhören, die das Statthalteramt Arlesheim im Auftrag der Regierung durchführte. Die Klage wurde schliesslich mangels Beweisen zurückgezogen. Nachdem sich die Wirren des Kulturkampfs etwas gelegt hatten, geriet der im Nebenamt als Arzt praktizierende S. in eine weitere Affäre, als ein krankes Kind kurz nach seiner Behandlung starb. Der Arzt von Dornachbrugg erstattete Anzeige, doch die Untersuchung ergab keinen Zusammenhang zwischen der Behandlung und dem Todesfall. S. musste sich nur einer geringen Strafe wegen unbefugter Ausübung des Arztberufes unterziehen. Doch schon kurz darauf verhängte die Regierung eine hohe Ordnungsbusse gegen ihn, weil er einen soeben aus dem Zuchthaus entlassenen Pfarrerkollegen aus Aesch in seiner Kirche eine stille Messe hatte lesen lassen. S. geriet daraufhin in eine schwierige Finanzlage und musste sich ausserdem gegen den Vorwurf rechtfertigen, dass er zu viel im Wirtshaus sitze. Neben seiner Arbeit als Pfarrer und Arzt trieb S. historische und naturkundliche Studien und war Mitglied der Geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz. Posthum erschienen seine Ornithologischen Beobachtungen aus dem Birseck (Hermann Fischer-Sigwart, «Ornithologische Beobachtungen aus dem Birseck. Nach den Aufzeichnungen des Pfarrers Fridolin Schmidlin ' in Pfeffingen», in Tätigkeitsbericht der Naturforschenden Gesellschaft Baselland, 1904/1906, Bd. 3, S. 32 - 64 und 1907/1911, Bd. 4, S. 3-45). Die Geschichte des glücklosen Pfarrers S. von Pfeffingen wurde von Fridolin Kurmann umfassend dargestellt (s. Bibliografie).

Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 08/05/2013

Letzte Änderung: 29/08/2015

Bibliografie

Biolex, Personenlexikon des Kantons Basel-Landschaft , Online-Version, (Stand 30.01.2013): http://www.baselland.ch/SCHMIDLIN_Fridolin-htm.295107.0.html
René Gilliéron, Heimatkunde von Pfeffingen, Liestal 1989, S. 125
Theo Heimgartner, Kulturkampf im Birseck 1870-1880, Starrkirch-Wil, 2011, S. 87-89
Fridolin Kurmann, «"Die besonderen politischen Verhältnisse" – Pfarrer Schmidlin in Pfeffingen», in Geschichte 2001. Mitteilungen der Forschungsstelle Baselbieter Geschichte, Bd. 12, Dezember 1993, S. 1-11
Alexander Müller, «Beiträge zur Geschichte der Kirchgemeinde Pfeffingen», in: Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Baselland, Bd. XIII, 1971, S. 119-120
Willi Ruess, «Pfarrherren besonderer Prägung», in Kreuz und quer durch Pfeffingen. Heimatkunde Pfeffingen 2011, Liestal 2011, S. 101

Zitiervorschlag

Kiki Lutz, «Schmidlin, Fridolin (1823-1888)», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/1000581-schmidlin-fridolin-1823-1888, Stand: 05/05/2024.

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