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Camille Bloch SA (Courtelary)

1929 gründete Camille Bloch eine Schokoladenfabrik in Bern, wo seine aus Frankreich stammende Familie seit der Mitte des 19. Jhs. ansässig war. Infolge der Uhrenkrise musste Bloch die Fabrik in Bern verlassen. Er verlegte sein Unternehmen 1935 nach Courtelary in die Gebäude einer ehemaligen Papierfabrik. Das von der Uhrenkrise geschüttelte Tal verdankte diese Ansiedelung dem Berner Grossrat Henri Strahm. Die Firma nannte sich fortan «Chocolats Camille Bloch SA».
1942, als wegen des Zweiten Weltkriegs die Rohstoffe rar und teuer waren und das Unternehmen in Schwierigkeiten geriet, brachte Bloch den berühmten Schokoriegel «Ragusa» auf den Markt. Ragusa unterschied sich von den herkömmlichen Schokoladeprodukten dadurch, dass der teure Kakao grösstenteils durch eine Haselnussmasse ersetzt wurde und Verkaufspackungen in Form von Riegeln zu 50g anstatt als Tafeln zu 100g über den Ladentisch gingen. Ausserdem erlaubten die Lebensmittelkarten damals den Bezug von 100g Schokolade und 100g Confiserie-Produkten pro Person – Ragusa konnte flexibel in beiden Kategorien angerechnet werden. Dies verhalf dem neuen Produkt zu einem raschen und dauerhaften Erfolg. Noch im Jahr 2004 verdankte die Firma einen Drittel des Umsatzes dem Schokoriegel Ragusa.
Nach dem Krieg setzte eine neue Entwicklung in der Schokoladenindustrie ein: Erstmals konnten Schokoladetafeln mit Füllmasse in Serie produziert werden. Ab 1948 bot C. die gefüllte Tafelschokolade «torino» an, die zusammen mit Ragusa bis heute Flaggschiff der Firma blieb.
Mitte der 1950er Jahre lancierte C. die erste Kirschschokolade ohne Zuckerkruste, was eine absolute Neuheit in der Herstellung der Likör-Schokolade darstellte. Auf diesem Gebiet konnte sich C. eine Marktleader-Position sichern, obwohl dieses Produkt nur einen Bruchteil des weltweiten Absatzes ausmacht.
In den späten 1940er Jahren erholte sich die Uhrenindustrie im Vallon de Saint-Imier zusehends. Weil die Löhne in den Uhrenfabriken höher waren als in der Schokoladenindustrie, fehlten der Firma nun Arbeitskräfte. Um dem Mangel beizukommen wurde sogar während einiger Jahre eine Confiserie-Fabrik im Berner Vorort Wabern betrieben. Zwei Drittel des Personals gehörten mittlerweile zur Gruppe der Saisonniers, insbesondere Arbeiterinnen aus Italien waren bei C. angestellt.
Das Unternehmen entwickelte sich stetig weiter. Als der Sohn des Firmengründers, Rolf Bloch, 1955 als Leiter der Marketingabteilung in die Firma eintrat, versuchte er der hauseigenen Produktelinie mit gefüllten Schokoladespezialitäten mehr Eigenständigkeit und Abgrenzung gegenüber den anderen grossen Schweizer Schokoladeproduzenten zu verschaffen. Beispielsweise lancierte er «torino» nun auch in Form eines «Schokostengels» als ersten Markenschokoriegel auf dem Schweizer Markt.
1959 übernahm Rolf Bloch die Geschäftsleitung der Firma und 1961-1963 baute er ein neues Fabrikgebäude, um die Produktion zu erweitern.
1970 begrenzte ein Bundesbeschluss die zulässige Anzahl von ausländischen Arbeitskräften in Unternehmen durch Kontingente. Dies brachte die Firma C., die damals 185 Arbeiter/innen beschäftigte, von denen 145 aus dem Ausland stammten, in Bedrängnis. Die Situation erforderte rasches Handeln, zumal die Löhne in der Uhrenindustrie immer noch höher und Arbeitsplätze zahlreich vorhanden waren. C. erhöhte folglich die Löhne, ohne dass ein Gesamtarbeitsvertrag der Branche die Firma dazu gezwungen hätte. Ausserdem führte sie Leistungsprämien und Zulagen ein und führte eine breite Rekrutierungskampagne mit Zielpublikum 'Frauen aus der Region' durch. Teil der Kampagne waren Massnahmen wie Teilzeitpensen, Transportkostenvergütung und die Eröffnung eines Kinderhortes im November 1971. Doch auch so blieb der Personalmangel bestehen und die Produktion musste eingeschränkt werden. C. konzentrierte sich nun in erster Linie auf seine Spezialitäten torino, Ragusa, Festtagsartikel und Likörschokolade. Seit den 1960er Jahren stellte C. auch koschere Schokolade her. Der Produktionsvorgang erforderte jeweils eine dreitägige Reinigung der Produktionsanlage von allen Milchrückständen unter der Aufsicht eines Rabbiners. Die Produktion der Kernprodukte von C. wurde nun so weit wie möglich gestrafft und automatisiert.
Trotz des Preiskampfes, der sich ab 1967 nach Aufhebung der Preisbindung am Markt entwickelte, nahmen sowohl Produktion wie Umsatz stetig zu. Um 1970 beschäftigte C. 250 Personen und der Umsatz belief sich auf CHF 18.6 Mio. Das Ende der 1980er Jahre brachte nochmals eine Erweiterung des Marktes.
1992 trat Stéphane Bloch als Leiter der Marketingabteilung in die Firma ein, zwei Jahre später folgte ihm sein Bruder Daniel. Beide sind Söhne von Rolf Bloch. 1997 übernahm Bloch die Leitung der Geschäftsabteilung und seit 1998 die Direktion.
2006 weihte die C. eine brandneue Produktionsanlage ein. Die Investition belief sich auf CHF 10 Mio. und zeugt von der anhaltenden Prosperität der Firma.

Autor*in der ersten Version: Emma Chatelain, 27/10/2016

Übersetzung: Kiki Lutz, 27/10/2016

Bibliografie

Paul-André Schwab, «La belle histoire de Camille Bloch », in Mosaïque d'Erguël, 1999, 159-167
Pierre-Alain Bassin, « Camille Bloch », in Intervalles, Nr. 49, hiver 1997, S. 107-109
Michel Bührer, Camille Bloch : 75 ans de douceur, Courtelary, 2004, S. 85-94

Bildnachweis

Die Fabrik in Courtelary um 1930. Bildsammlung von Mémoires d’ici.

Zitiervorschlag

Emma Chatelain, «Camille Bloch SA (Courtelary)», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/6046-camille-bloch-sa-courtelary, Stand: 19/04/2024.

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