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Jurassisches Museum für Kunst und Geschichte, Delsberg

Gegen Ende des 19. Jh. lancierte die Société jurassienne d'Emulation SJE die Idee eines jurassischen Museums. Das Projekt sah – in erstaunlich einvernehmlicher Weise – eine Institution vor, die «Historisches Museum» und «Nationalmuseum» in einem sein sollte.
Im Herbst 1909 kam die Idee des jurassischen Museums anlässlich der jurassischen Landwirtschafts- und Industrieausstellung in Moutier erneut auf. Die Stadt Delsberg nahm daraufhin das Heft in die Hand, angeführt vom Stadtarchivar, Abt Arthur Daucourt. Der Stadtrat bildete schon bald auf dessen Initiative hin eine Kommission zur Prüfung der Angelegenheit, die sich aus folgenden Mitgliedern zusammensetzte: Arthur Daucourt (Präsident), Louis Hennet (Vizepräsident), S. Gobat (Sekretär), Zurbrugg (Bürgermeister), A. Cuttat, Théophile Grogg, Alexandre Hof, Jämes Ruedin, D. Simon, Albert Joray, P. Jambé, F. Philippe, Léon Eckert, F. Rais.
Die namhaften Delsberger waren schon im Voraus von den Plänen des Stadtarchivars überzeugt, so dass der Stadtrat bereits am 23. Oktober 1909 einen Antrag an die Berner Regierung stellen konnte. Er verlangte, dass «das Jurassische Museum offiziell als gemeinnützige Vereinigung anerkannt wird» (Übersetzung Red. DIJU).
1909 wurde Arthur Daucourt zum Konservator des Museums ernannt, in Personalunion hielt er auch das Präsidium der Kommission, die damals 14 Mitglieder umfasste. Die Einrichtung des Museums erfolgte noch vor Abschluss des Rechtsverfahrens, das der Gründung der jungen Institution zu offiziellem Status verholfen hätte. Aus dem Nichts heraus mussten die Gründer Räumlichkeiten finden, Sammlungen aufbauen, die Finanzierung angehen und ein Publikum für ihr Projekt interessieren. Ende Jahr konnte man im Impartial de Delémont lesen, dass das Ziel dieser Institution darin bestehe, «im ehemaligen Fürstbistum Basel das Bewusstsein für die Vergangenheit zu wecken». Die Zeitung betonte: «Ein Volk, das seine Vergangenheit vergisst, ist ein der Sklaverei und dem Tod geweihtes Volk; und da das Jurassische Volk ein freies Leben führen will, entsteht aus ihm heraus eine Bewegung, welche die Gegenwart mit ihren ruhmvollen wie auch schwachen Seiten an eine Vergangenheit knüpfen will, die unter diesen beiden Aspekten nicht weniger zwiespältig war.» (Übers. der Red.).
1910 bezog das Museum bereits zwei Säle des Schlosses, obwohl die offizielle Gründungsurkunde erst im Mai 1914 von einem Notar bestätigt wurde. Das Jurassische Museum wurde als Stiftung mit Sitz in Delsberg organisiert. Der Eintrag in das schweizerische Handelsregister erfolgte auf der Grundlage der verabschiedeten Statuten am 13. Juni 1914. Zu diesem Zeitpunkt existierte das Museum faktisch bereits seit vier Jahren.
1987 wurde eine Statutenänderung vorgenommen und das Jurassische Museum wurde zum «Jurassischen Museum für Kunst und Geschichte». Die Stiftung, die anfänglich nur von den Delsberger Stadtbehörden getragen wurde, erweiterte sich allmählich auf die Bürgergemeinde Delsberg (seit 1914), den Kanton Bern (seit 1953) und schliesslich den Kanton Jura (seit 1979).
1922 zog das Museum in das Gebäude an der Rue du 23 Juin um. 1934 wurde der Freundeskreis des Jurassischen Museums gegründet.
1943 kaufte die Stadt Delsberg dem Kanton Bern das Gendarmeriegebäude neben dem Museum ab. Der allgemeine Wohnungsmangel verhinderte jedoch noch bis ins Jahr 1955, dass auch der zweite Stock dieses Gebäudes dem Museum zur Verfügung stand.
Das neu eingerichtete und erweiterte Museum wurde am Samstag, den 4. Juli 1959 feierlich eingeweiht. Damals wurden dem Publikum acht neue Säle präsentiert: der Kostüm-Saal, der Kunsthandwerks-Saal, der Uhrenindustrie-Saal, das jurassische Zimmer, der Saal des jurassischen Geisteslebens im 19. Jh., der Gravurensaal (vormals Folletête-Saal genannt), die Halle im zweiten Stock und schliesslich das Türmchen des zweiten Stocks mit den Statuen der Heiligen Andreas und Laurent von Martin Lebzelter (1508-1510).
1974-1979 expandierte das Museum nochmals und bezog das Erdgeschoss, das gesamte Gebäude der alten Gendarmerie und das kleine ans Museum angrenzende Haus in der Ruelle du Cheval Blanc sowie die Porte de Porrentruy. Die Eröffnung der neuen Räumlichkeiten fand am 13. Oktober 1979 statt und fiel damit genau auf das Datum des 70jährigen Jubiläums der Museumsgründung.
Als Prunkstück unter den Neuzugängen jenes Jahrzehnts gilt ohne Zweifel der 1979 erworbene Bischofsstab des Heiligen Germanus, Abt von Moutier-Grandval, aus dem 7. Jh. Dieses Eigentum der Pfarrgemeinde Delsberg wurde am Vorabend der offiziellen Einweihung des erweiterten und renovierten Museums in der Vitrine des Tresorraums ausgestellt, zusammen mit dem «Kelch, genannt des Heiligen Germanus» und den «Schuhen und Strümpfen, genannt des heiligen Didier» (eigentlich des hl. Dizier).
Zwischen 1996 und 1999 fanden erneut Renovationsarbeiten an den Museumsgebäuden statt. Dach und Dachstuhl wurden saniert und die Fassade erneuert. Seither belegt das Museum fünf Gebäude und 21 Säle mit Dauerausstellungen. Parallel dazu werden regelmässig Wechselausstellungen durchgeführt. Die Dauerausstellung umfasst derzeit folgende Abteilungen: Archäologie, Sakralkunst, Bildende Kunst, Geschichte, Kunsthandwerk und Volkstraditionen.
Nach den Renovationsarbeiten von 1996-1999 schlugen die Verantwortlichen des Museums einen engagierten Kurs ein. 2002 erhielt das Museum durch die Organisation der Wechselausstellungen und die Neuorganisation der Bestände und Sammlungen eine neue Ausrichtung. Ab 2007 befasste sich eine Arbeitsgruppe von 18 Wissenschaftlern/ -innen zusammen mit der Museumsbelegschaft mit der Umsetzung einer neuen Dauerausstellung, die im Dezember 2011 eröffnet wurde.


Konservatoren/-innen :
1909-1926 Arthur Daucourt
1927-1931 Etienne Philippe
1932-1970 André Rais
1970-1977 Etienne Philippe
1977-1995 Jean-Louis Rais
1995-2000 Sarah Stékoffer
Seit 2001 Nathalie Fleury

Präsidenten des Stiftungsrates:
1909-1911 Arthur Daucourt
1911-1937 Albert Joray
1937-1943 Joseph Mertenat
1944-1954 Gustave Riat
1954-1965 Gervais Gouvernon
1965- 1979 Etienne Philippe
1980-1988 Jean-Roch Helg
Seit 1989 Pierre Philippe

Autor*in der ersten Version: Emma Chatelain, 09/01/2012

Übersetzung: Kiki Lutz, 11/11/2013

Bibliografie

A. Rais, Notice historique sur le Musée jurassien à Delémont, Delsberg, 1932
Jean-Louis Rais, A Delémont le Musée jurassien de salle en salle, Cahier de pro Jura Nr. 4, 1979
Jean-Louis Rais, Musée jurassien d’art et d’histoire Delémont. Guide de Musée, Lausanne, 1992
Angaben erhalten von Nathalie Fleury, Konservatorin des Jurassischen Museums für Kunst und Geschichte.

Zitiervorschlag

Emma Chatelain, «Jurassisches Museum für Kunst und Geschichte, Delsberg», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/6548-jurassisches-museum-fur-kunst-und-geschichte-delsberg, Stand: 19/04/2024.

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