F | D

Basler Komitee gegen den Anschluss des Laufentals

Das Basler Komitee gegen den Anschluss des Laufentals wurde am 15. März 1979 als Verein mit Sitz in Basel gegründet. Vereinszweck war laut Statuten (Art. 2) «die Verfechtung der Nein-Parole in den Abstimmungen, die einen allfälligen Einbezug des Laufentals in das Gebiet des Kantons Basel-Stadt zum Gegenstand haben». Dieser Kampf sollte mit allen verfassungsrechtlich und gesetzlich zulässigen Mitteln geführt werden. Der Verein wurde durch einen Vorstand und einen geschäftsführenden Ausschuss mit folgender Besetzung geleitet (Stand bei der Gründungsversammlung):
Vorstands-Ausschuss:
- Co-Präsidenten: Prof. Lucius Burckhardt, Basel; Grossrat Dr. Hansjörg Tober, Riehen; Grossrat Dr. Andreas Saxer, Bettingen
- Sekretäre: Hans Brutschin, Basel; Martin Herter, Basel
- Kassier: Alexander Gelzer, Riehen
- Protokollanten: Werner Furrer, Basel; Martin Koepp, Basel
- Beisitzer: Dr. Andreas Christ, Basel; Dr. Wolfgang Wackernagel, Basel
Weiterer Vorstand: Annemarie Burckhardt, Helene Bodmer, Peter Burckhardt, Dr. Bernhard Christ, Suzanne Schaub-Wild, Peter de Courten, Dr. Eduard Preiswerk

Das Komitee wurde zu einem Zeitpunkt gegründet, als der langjährige politische Prozess des Kantonswechsels des Laufentals an einem entscheidenden Punkt angelangt war: Nachdem die Laufentaler Bevölkerung am 18. Juni 1978 der Einleitung eines Anschlussverfahrens ihres Amtsbezirks an einen benachbarten Kanton deutlich zugestimmt hatte, standen die Kantone Basel-Landschaft, Solothurn und Basel-Stadt für einen Beitritt zur Auswahl. Die Abstimmung über diese Wahl fand im Berner Amtsbezirk Laufen am 13. Januar 1980 statt. Zuvor führte Basel-Stadt als erster möglicher Beitrittskanton am 20. Mai 1979 eine konsultative Abstimmung zur Vorbereitung der entsprechenden Verfassungsänderung durch.
Im Komitee engagierten sich viele städtische Gegner einer Wiedervereinigung der beiden Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Sie befürchteten, ein Anschluss des Laufentals an den Kanton Basel-Stadt könnte die geographischen Voraussetzungen für ein erneutes Aufkommen der Wiedervereinigungsfrage zwischen den beiden Basler Halbkantonen schaffen. In einer 20-seitigen Abstimmungsbroschüre legten sie die Gegenargumente zu einem Zusammenschluss des Laufentals mit dem Basler Stadtkanton ausführlich dar, u.a. waren dies:
- Für den Zusammenschluss der beiden Gebiete fehlt die ideelle Motivation, es gibt nur kurzfristige wirtschaftspolitische Gründe. Es würde ein wirtschaftspolitischer Zweckverband entstehen, ohne Grundlage für ein staatliches und gesellschaftliches Zusammenwachsen. Dies steht im Gegensatz zum Fall des Kantons Jura, wo tiefgreifendere Gründe für die Ablösung vom Kanton Bern sprachen.
- Der «etwas abgelegene», ländliche Bezirk passt nicht zur Industriemetropole, die ein Stadtstaat mit buntgemischter Bevölkerung ist.
- Die konfessionelle und politische Trennung hat die beiden Gebiete seit der Reformation unterschiedlich geprägt.
- Am derzeit bemängelten Status einer vom übrigen Kantonsgebiet abgetrennten Exklave würde sich für das Laufental nichts ändern.
- Im zwischen Basel und dem Laufental liegenden Baselbieter Bezirk Arlesheim weckt die Diskussion bereits Anschlussgedanken, was die Baselbieter Nachbarn unnötig verärgern könnte.
- Mit demselben Recht könnten die Wiedervereinigung BS/BL und der Beitritt der Solothurner Enklaven und des Fricktals verlangt werden. Bestrebungen dieser Grössenordnung müssten aber in der ganzen Schweiz Diskussionen über weitgehende Gebietsänderungen auslösen und würden dadurch bewährte, ausgeklügelte und über Jahrhunderte gewachsene Staatsgebilde gefährden.
- Die steuertechnischen Gründe für einen Anschluss stehen im Vordergrund und sind kurzfristig und opportunistisch.
- Eine auf Expansion und Territorialgewinn angelegte Politik von Basel-Stadt bringt Unruhe in die ganze Region Nordwestschweiz.
- Die seit 1833 bestehende Enge des Stadtstaats hat in Basel zu wirtschaftlich erfolgsbringender Weltoffenheit geführt - eine Erweiterung mit ländlichem Gebiet würde diesen Charakter verändern.
- Umgekehrt wäre durch eine Verbindung mit der Industriestadt der ländliche Charakter des Laufentals gefährdet.
- Staatsrechtlich ist es fraglich, ob eine eigene Bezirksverwaltung im völlig anders organisierten 3-Gemeinden-Kanton Basel-Stadt überhaupt und ohne Sonderstatut durchführbar wäre.
- Die Kosten für Beitritt und Übergangslösungen sind nicht abschätzbar.

Mit Broschüren, Plakaten und Leserbrief-Aktionen beteiligte sich das Komitee aktiv am Abstimmungskampf. Beim Urnengang vom 20. Mai 1979 in Basel-Stadt ergab sich mit 56.7% eine relativ knappe Zustimmung zur möglichen Aufnahme des Laufentals in den Kanton Basel-Stadt. Beide Lager wähnten sich als Sieger – das Komitee wertete das Resultat trotz der Ja-Mehrheit als unerwarteten Erfolg. Bei der Ausmarchung zwischen den drei möglichen Beitrittskantonen am 13. Januar 1980 entfielen im Laufental dann auch nur 16% der Stimmen auf Basel-Stadt (gegenüber 32.5% für Solothurn und 51.5% für Basel-Landschaft). Basel-Stadt stand somit als Beitrittskanton für das Laufental nicht mehr zur Diskussion. Das Komitee, das seine Aufgabe als erfüllt erachtete, löste sich daraufhin auf.


Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 21/01/2011

Letzte Änderung: 11/11/2013

Archivbestände

Staatsarchiv BS, PA 82d A 1 (1) Basler Komitee gegen den Anschluss des Laufentals

Bibliografie

Felix Auer, «Ihr Laufentaler müsst selbst entscheiden! Das Laufental aus der Sicht der Baselbieter Politik», in Andreas Cueni (Hg.), Lehrblätz Laufental, Zürich 1993, S. 125-145
Basler Zeitung, 21. Mai 1979 / 22. Mai 1979 / 14. Januar 1980
Heinz Buser et al., Beschlüsse, Bilanzen, Bilder. Dokumente zum Kantonswechsel des Laufentals 1970-2003, Liestal 2004

Zitiervorschlag

Kiki Lutz, «Basler Komitee gegen den Anschluss des Laufentals», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/8095-basler-komitee-gegen-den-anschluss-des-laufentals, Stand: 26/04/2024.

Kategorie

Politik
Politik

Wir verwenden Cookies, um Ihre Erfahrung auf unserer Website zu verbessern. Wenn Sie weiter surfen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.