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Roc de Courroux (archäologische Fundstätte, Courroux)

Befund: Siedlung
Datierung: Bronzezeit
Grabungen: 1840-1865, A. Quiquerez; 1921 und 1927, A. Gerster; 1922-1976, C. Lüdin
Fundsammlungen: Amt für Kultur, Pruntrut (Sammlungen Gerster, Lüdin und Quiquerez); Musée jurassien des sciences naturelles, Pruntrut (Sammlung Quiquerez); Museum der Kulturen, Basel (Sammlung Quiquerez); Gymnasium St. Antonius, Appenzell (Sammlung Woltersdorf)

Der die Birs überragende Fels «Roc de Courroux» bildet den östlichen Rand der Klus zwischen Delsberg und Soyhières. Der steile Südhang dieser Felskante weist eine Folge von schmalen Stufen auf, die bis zum Fluss hinunter reichen. Auf diesen Terrassen liessen sich zwischen 1200 und 800 v. Chr. Menschen in einer endbronzezeitlichen Siedlung nieder.
Auguste Quiquerez interessierte sich als Erster für diese archäologische Fundstätte. Ab 1940 führte er während mehr als 30 Jahren zahlreiche Untersuchungen durch, um die Herkunft der dort gefundenen Keramikscherben zu erforschen. Er kam sehr rasch zum Schluss, dass «auf dem Felsen von Courroux verschiedene, ganz aus Holz gebaute Gebäude existiert hatten, während auf den Terrassen unterhalb wohl Gärten angelegt waren, wobei diese Lagen gleichzeitig als Verschanzungen für die darüber liegende Siedlung dienten, wie auch zur Verteidigung des Durchgangs von Vorbourg, der im Tal unterhalb lag» (Quiquerez 1846-1847, S. 43 – Übers. Red. DIJU). Quiquerez sichtete auch die Abris und Höhlen in der Felskante. Militärischen Anlagen und die Ungenauigkeit der Dokumente erschweren jedoch heute ihre exakte Verortung. Die in ziemlich grosser Anzahl ausgegrabenen, jedoch nicht inventarisierten und heute weit verstreuten archäologischen Funde stammen hauptsächlich aus der Bronzezeit, einige davon aus der Eisenzeit.
Ab 1921 führte Alban Gerster neue Ausgrabungen im oberen Teil der Fundstelle durch. Er traf im Zusammenhang mit Überresten von Trockensteinmauern und drei Felswänden auf reiches Fundmaterial aus der Endbronzezeit. Weiter unten legte er Fundamente von übereinander gebauten, am Abhang liegenden Gebäuden frei.
Zur gleichen Zeit interessierte sich der Basler Carl Lüdin ebenfalls für den Roc de Courroux, den er während 55 Jahren auskundschaftete. Seine Sammlung umfasst sehr viele Fundgegenstände sowie zahlreiche Dokumente, Notizen und Pläne, die nur äusserst lückenhaft publiziert wurden.
Der Reichtum dieser Fundstätte liegt vor allem in der Quantität und Qualität der Keramik. Sie weist eine extreme Vielfalt an Formen, Tonarten und Ornamenten auf. Teller, Tassen, flache Schalen und andere eher kleinere und niedrige Gefässe wurden von Hand aus einem relativ feinen Ton modelliert. Töpfe und grosse bis zu 60-80 cm hohe Krüge bestehen hingegen aus einem gröberen Ton mit grober Magerung. Dank eines ausgezeichneten Erhaltungszustandes aufgrund der topografischen Situation (Ausrichtung, günstiges Mikroklima, Steilhang) und der Tatsache, dass der Ort später keine bedeutende Besiedlung aufwies, wurden die reichen und vielfältigen Verziehrungen auf vielen Scherben überliefert. Sie weisen eine für die Endbronzezeit typische Ornamentik auf, bestehend einerseits aus Rillen und geprägten Dreiecken, Schraffierungen und eingeritzten Linien sowie Reliefdekor aus weissem Ton, der sich vom schwarzen Grund der Gefässe absetzt – andererseits kommen Motive vor, die mit den Fingern oder mit Stäbchen reihenweise ausgeführt wurden. Auch einiges an Terrakotta kam zum Vorschein, darunter Fragmente von Feuerböcken, Spinnwirtel und ein Webstuhlgewicht.
Die Fundgegenstände aus Metall bestätigen die aufgrund der Keramik erstellte Datierungsabfolge genau. Wie bei Fundstätten an Land üblich, ist das Vorkommen von Bronzeobjekten rar. Es wurden 25 Fundstücke erfasst, darunter Messer, Stecknadeln, Pfeilspitzen, ein Sichelfragment und Teile von Schmuckstücken wie Armreifen, Ringe und Anhänger. Einige Stücke tragen Spuren von Verziehrungen wie Striche und Schraffuren.
Die Kenntnis und das bessere Verständnis der Siedlung auf dem Roc de Courroux werden leider durch den Umstand erschwert, dass die Fundsammlungen über anderthalb Jahrhunderte hinweg von verschiedenen Forschern zusammengetragen wurden und in mehreren Sammlungen verstreut liegen. Hoffentlich wird eines Tages eine umfassende Untersuchung alle Facetten dieser Fundstätte aufzeigen können.

Autor*in der ersten Version: Claude Juillerat et François Schifferdecker (réd.), Guide archéologique du Jura et du Jura bernois, Porrentruy, 1997, 29/08/2012

Übersetzung: Kiki Lutz, 09/12/2013

Bibliografie

Auguste Quiquerez, « Tombeaux gallo-romains découverts à Courfaivre près de Delémont », in Indicateur d’antiquités suisses, 3, 1846-1847
Alban Gerster, « Siedlung aus der späten Bronzezeit auf dem Roc de Courroux im Berner Jura », in Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, 6, 1926, S. 35-44
Christian Lüdin, « Roc de Courroux », in Annuaire de la Société suisse de Préhistoire et d'Archéologie, 53, 1966-67, S. 101-104; 57, 1972-73, S. 229-236 ; 59, 1976, S. 233-237 ; 61, 1978, S.179-180
François Schifferdecker, « Anciennes collections archéologiques jurassiennes méconnues », in Jurassica, 2, 1988, S. 42-43
Maruska Schenardi, L'Age du Bronze dans le Jura (CAJ n° 5), Pruntrut, 1994, S. 108-112
Claude Juillerat, François Schifferdecker (Hg.), Guide archéologique du Jura et du Jura bernois, Pruntrut, 1997
François Schifferdecker, « Courroux : Préhistoire », in Historisches Lexikon der Schweiz [Online-Version], Stand: 29.08.2005
www.jura.ch (Oktober 2008)

Bildnachweis

Keramikschale, drei Stecknadeln aus Bronze, Spinnwirtel aus Terrakotta und zwei Bronze-Armreifen. Zeitraum: Endbronzezeit. Fundort: Roc de Courroux.

Zitiervorschlag

Claude Juillerat et François Schifferdecker (réd.), Guide archéologique du Jura et du Jura bernois, Porrentruy, 1997, «Roc de Courroux (archäologische Fundstätte, Courroux)», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/3177-roc-de-courroux-archaologische-fundstatte-courroux, Stand: 04/05/2024.

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