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Bezirksrat Laufental (BRL)

Der Laufentaler Bezirksrat (BLR) entstand 1984 infolge der Volksabstimmung vom 11. September 1983, als das Laufentaler Stimmvolk den Anschlussvertrag zum Kanton Basel-Landschaft mit 56,7% der Stimmen deutlich abgelehnt und sich für den Verbleib des Amtsbezirks Laufen beim Kanton Bern ausgesprochen hatte (s. Laufental, Kantonswechsel). Der BRL wurde gemäss bernischem Gesetz vom 5. Dezember 1977 über die Mitwirkungsrechte des Laufentals und gemäss dem Organisationsstatut von 1979 als Volksvertretung der rechtlich-öffentlichen Körperschaft Laufental konstituiert und löste in der neuen Situation nach der Abstimmung die vorher bestehende offizielle Bezirkskommission ab.

 

Die Organe des 26-köpfigen BRL waren (gemäss Geschäftsreglement vom 22. Juni 1984):
a) die Plenarversammlung mit dem Versammlungspräsidenten und seinem Stellvertreter
b) der Vorstand mit dem Bezirksratspräsidenten und dem Bezirksratsvizepräsidenten
c) die Kommissionen
d) Spezialkommissionen mit Fachgremien und Experten
e) das Sekretariat

Ständige Kommissionen des BRL waren:
1. Erziehung, Kultur und Sport
2. Regionalplanung, Energie und Umweltschutz
3. Gesundheitswesen und Katastrophenhilfe
4. Sozial- und Wirtschaftsfragen

Während die Bezirkskommission sich zuvor stark mit der Ausarbeitung des Anschlussvertrags und Aufgaben im Zusammenhang mit dem Anschlussverfahren befasst hatte, bestand die Hauptaufgabe des BRL in der Ausübung der Mitwirkungsrechte (im Wesentlichen ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht) gegenüber Parlament und Behörden des Kantons Bern. Schon ab 1986 richteten jedoch die Fraktionen (CVP, FDP, SP) ihre Stellungnahmen vermehrt direkt an den Kanton und umgingen den BRL, da sie sich innerhalb des Rates selten einigen konnten. Der Fortgang der regulären Mitwirkungs-Geschäfte im Rahmen des Berner Sonderstatuts wurde zudem bald schon von den Geschehnissen rund um den Berner Finanzskandal und die Wiederholung der Laufental-Abstimmung unterbrochen.
Nachdem die heimliche Finanzierung der «Aktion Bernisches Laufental ABL» durch den Kanton Bern Ende August 1985 bekannt geworden war, schaltete sich eine Spezialkommission des BRL in das laufende Beschwerdeverfahren ein und forderte eine vertiefte Untersuchung der ungesetzlichen Zahlungen. Die Eingabe des BRL wurde vom Berner Grossen Rat jedoch nur als Petition entgegen genommen und nicht weiter verfolgt. Der Entscheid wurde schliesslich durch das Bundesgericht aufgrund der Beschwerde von fünf Laufentaler Stimmbürgern herbeigeführt: Mit Urteil vom 22. Dezember 1988 verfügte das Gericht die Wiederholung der Abstimmung, worauf eine Spezialkommission des BRL zusammen mit zwei kantonalen Delegationen den Ergänzungsvertrag zum bestehenden Aufnahmevertrag ausarbeitete und am 12. Mai 1989 unterzeichnete. Ausserdem schloss der Vorstand des BRL mit den beiden Kantonsregierungen Bern und Basel-Landschaft eine «Vereinbarung über das Verhalten der Behörden in der Laufental-Abstimmung» ab. Darin verpflichteten sich alle Beteiligten zu einer objektiven Information durch die Behörden.

 

Am 12. November 1989 nahm das Laufentaler Stimmvolk den überarbeiteten und ergänzten Anschlussvertrag an und entschied sich somit für einen Beitritt zum Kanton Basel-Landschaft.
In der Folge verbuchten die Probaselbieter bei den Bezirksratswahlen vom 10. Juni 1990 einen Sitzgewinn (16 von 26 Mandaten). Auf der anderen Seite zog die «Vereinigung Berntreuer Laufentaler» VBL erstmals in den BRL ein, wobei sie ihre beiden Sitzgewinne auf Kosten der ebenfalls eher berntreuen FDP erwarb.

Nach dem Vollzug des Kantonswechsels am 1. Januar 1994 begann die im Laufentalvertrag vereinbarte 10-jährige Übergangsfrist. Während dieser Zeit blieb der BRL weiterhin als Interessensvertretung der Laufentaler/innen gegenüber Regierung und Verwaltung bestehen. Er wurde in das Vernehmlassungsverfahren zur detaillierten administrativen Überführung des Amtsbezirks in den Kanton Basel-Landschaft mit einbezogen und wirkte beim Abkommen über die Vermögensausscheidung von 1995 mit.
In dieser Übergangszeit stand zudem eine Rechtspflegekommission für die Regelung von Uneinigkeiten zwischen dem BRL und anderen Instanzen zur Verfügung. Zahl und Umfang der Geschäfte nahmen in dieser relativ unproblematischen Phase des Laufentaler Kantonswechsels schnell ab, so dass der BRL gegen Ende der Frist nur noch selten zusammentrat und der letzte reguläre Wiederwahltermin für die Mitglieder unbemerkt verstrich. Am 1. Dezember 2003 beschlossen die Mitglieder anlässlich einer feierlichen Sitzung die Auflösung des BRL per 31. Dezember 2003.


Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 04/01/2011

Letzte Änderung: 03/12/2015

Archivbestände

Staatarchiv Basel-Landschaft, Bestand VR 3003 Bezirksrat Laufental

Bibliografie

Basler Zeitung, 10. September 2003 / 02. Dezember 2003 Martin Brodbeck, «Vom Skandal zum guten Ende? Die Geschichte des Selbstbestimmungsverfahrens des Bezirks Laufen 1989 bis 1993», in Andreas Cueni (Hg.), Lehrblätz Laufental, Zürich 1993, S. 47-60 Heinz Buser et al., Beschlüsse, Bilanzen, Bilder. Dokumente zum Kantonswechsel des Laufentals 1970-2003, Liestal 2004 Christian Jecker, «Vom Musterfall zum Skandal. Die Geschichte des Selbstbestimmungsverfahrens des Bezirks Laufen 1970 bis 1988», in Andreas Cueni (Hg.), Lehrblätz Laufental, Zürich 1993, S. 31-45 Paul Richli, Aufnahme des Laufentals in den Kanton Basel-Landschaft. Der Beitrag der Rechtspflegekommission und ihres Präsidenten, Liestal 2003

Zitiervorschlag

Kiki Lutz, «Bezirksrat Laufental (BRL)», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/8058-bezirksrat-laufental-brl, Stand: 18/04/2024.

Kategorie

Politik
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